Pauschalerstattungen an den Arbeitnehmer und Einkommensteuer
In einem Urteil vom 10. Juli 2024, Aktenzeichen II FSK 1329/21, fällte das Oberste Verwaltungsgericht (OVG) eine bedeutende Entscheidung zur Auslegung der Vorschriften des Einkommensteuergesetzes für natürliche Personen (ESt.). Das OVG stellte fest, dass die Steuerbefreiung gemäß Artikel 21 Absatz 1 Nummer 23b des ESt.-Gesetzes eine regulative Natur hat, was bedeutet, dass sie nicht weiter angewendet werden kann, als es der Wortlaut der Vorschriften zulässt. In der Praxis bedeutet dies, dass die pauschale Erstattung von Kosten durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für die Nutzung des privaten Fahrzeugs des Arbeitnehmers für betriebliche Zwecke in den meisten Fällen als Einkommen des Arbeitnehmers gilt, das der Einkommensteuer unterliegt.
Rechtlicher Kontext und Auslegung der Vorschriften
Gemäß Artikel 21 Absatz 1 Nummer 23b des ESt.-Gesetzes ist die Erstattung von Kosten, die der Arbeitnehmer für die Nutzung seines eigenen Fahrzeugs für betriebliche Zwecke bei Fahrten im lokalen Bereich getragen hat, von der Einkommensteuer befreit, wenn die Verpflichtung zur Übernahme dieser Kosten durch das Unternehmen oder die Möglichkeit, ein Recht auf Kostenerstattung zu gewähren, direkt aus anderen Gesetzen hervorgeht. Dies gilt bis zur Höhe einer monatlichen Pauschale oder bis zu einem Betrag, der die für die Nutzung des Fahrzeugs festgelegten Sätze pro Kilometer, die in separaten Vorschriften des zuständigen Ministers festgelegt sind, nicht überschreitet, sofern die Fahrten, mit Ausnahme der Pauschalzahlungen, in einem vom Arbeitnehmer geführten Fahrtenbuch dokumentiert sind.
In der Vergangenheit hatten Steuerpflichtige Zweifel daran, ob für die Anwendung dieser Befreiung das Recht auf Kostenerstattung für die Nutzung von Fahrzeugen ausdrücklich in anderen Gesetzen genannt werden muss oder ob die allgemeine Zulässigkeit von Verträgen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gemäß dem Zivilgesetzbuch (sofern dies nicht gegen das Arbeitsgesetzbuch verstößt) ausreicht.
Nach dem Urteil des Verfassungsgerichts vom 8. Juli 2014, Aktenzeichen K 7/13, argumentierten Steuerpflichtige auch, dass die Vorschriften verfassungskonform ausgelegt werden müssen. Da der Arbeitnehmer nur Ausgaben erstattet bekommt, die der Arbeitgeber übernehmen muss, erzielte der Arbeitnehmer durch diese Leistung keinen finanziellen Vorteil, der als zu versteuerndes Einkommen angesehen werden könnte.
Eine für den Steuerpflichtigen freundliche Auslegung wurde zunächst im Urteil des OVG vom 16. Oktober 2019, Aktenzeichen II FSK 3531/17, bestätigt, in dem das Gericht die Auffassung vertrat, dass die Erstattung der vom Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Nutzung privater Fahrzeuge für betriebliche Zwecke getragenen Kosten nicht als Einkommen angesehen werden kann, da sie keinen Vorteil für den Arbeitnehmer generiert. Leistungen, die keinen finanziellen Vorteil für den Steuerpflichtigen darstellen, wie die Erstattung von Ausgaben, die der Arbeitgeber übernehmen muss, unterliegen daher nicht den Vorschriften des ESt.-Gesetzes.
Im Urteil vom 10. Juli 2024 (Aktenzeichen II FSK 1329/21) vertrat das OVG jedoch eine andere Auffassung und stellte fest, dass der in Artikel 21 Absatz 1 Nummer 23b des ESt.-Gesetzes enthaltene Vorschrift strikt nach ihrem Wortlaut auszulegen ist. Dies bedeutet, dass es keinen Spielraum für eine breitere, liberalere Anwendung der Steuerbefreiung gibt, da dies zu Missbrauch durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer führen könnte.
Bedeutung des Urteils
Das Urteil des OVG vom 10. Juli 2024 fügt sich in die bisherige Rechtsprechungslinie ein, die auf eine restriktive Auslegung von Steuerbefreiungen setzt. Bereits in früheren Urteilen, wie am 17. Juni 2020 (Aktenzeichen II FSK 717/20), am 22. Oktober 2020 (Aktenzeichen II FSK 1680/18, II FSK 1695/18), am 10. November 2020 (Aktenzeichen II FSK 1863/18), am 22. Januar 2021 (Aktenzeichen II FSK 2472/18) und am 12. Mai 2021 (Aktenzeichen II FSK 434/20) hat das OVG die Auffassung vertreten, dass die Erstattung von Kosten an den Arbeitnehmer für die Nutzung seines privaten Fahrzeugs für betriebliche Zwecke grundsätzlich als Arbeitseinkommen gilt. Das OVG hat somit erneut bestätigt, dass Pauschalen, die an Arbeitnehmer gezahlt werden und die nicht die streng festgelegten Bedingungen der Befreiung erfüllen, als Einkommen des Arbeitnehmers betrachtet werden und daher der Besteuerung unterliegen.
Praktische Konsequenzen des Urteils
Das Urteil des OVG vom 10. Juli 2024 bedeutet, dass die in Artikel 21 Absatz 1 Nummer 23b des ESt.-Gesetzes festgelegte Steuerbefreiung nur für eine sehr begrenzte Gruppe von Arbeitnehmern und nur in den ausdrücklich genannten Fällen gilt:
- Gesetz vom 28. September 1991 über die Wälder (Dz. U. von 2024, Pos. 530);
- Gesetz vom 5. September 2008 über die Kommerzialisierung des staatlichen Unternehmens „Poczta Polska“ (Dz. U. von 2020, Pos. 2064); sowie
- Gesetz vom 12. März 2004 über die Sozialhilfe (Dz. U. von 2023, Pos. 901, mit Änderungen).
In anderen Fällen findet die Befreiung gemäß Artikel 21 Absatz 1 Nummer 23b des ESt.-Gesetzes keine Anwendung.
Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten daher jeden Fall der Erstattung von Pauschalen sorgfältig prüfen, um unerwartete steuerliche Konsequenzen zu vermeiden.
Quelle: Der Artikel wurde von Tomasz – Senior Tax Consultant bei getsix® Tax & Legal – verfasst.
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