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Die Berichtigung von Verrechnungspreisen kann der Mehrwertsteuer unterliegen – Urteil des EuGH in der Rechtssache Arcomet (C-726/23)

Die Berichtigung von Verrechnungspreisen kann der Mehrwertsteuer unterliegen – Urteil des EuGH in der Rechtssache Arcomet (C-726/23)

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Datum21 Okt. 2025

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seinem Urteil vom 4. September 2025 in der Rechtssache Arcomet Towercranes (C-726/23) zu den konzerninternen Abrechnungen zwischen verbundenen Unternehmen Stellung genommen. Der EuGH hat entschieden, dass der Ausgleich der Betriebsmarge zwischen Unternehmen derselben Gruppe eine entgeltliche Dienstleistung darstellen kann und somit der Mehrwertsteuer unterliegen kann, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den erbrachten Leistungen und der gezahlten Vergütung besteht.

Das Urteil ist ein wichtiger Bezugspunkt für Kapitalgruppen, da es betont, dass die Auswirkungen der Mehrwertsteuer im Zusammenhang mit Verrechnungspreisberichtigungen individuell unter Berücksichtigung der Art der Leistungen, des Berechnungsmechanismus und der vorliegenden Unterlagen zu beurteilen sind. Dies könnte zu einer Änderung der bisherigen Vorgehensweise führen, wonach Verrechnungspreisberichtigungen in vielen Fällen als mehrwertsteuerneutral behandelt wurden.


Hintergrund der Rechtssache Arcomet (C-726/23)

Die Rechtssache bezieht sich auf Abrechnungen zwischen Unternehmen derselben Gruppe – Arcomet Belgien (Muttergesellschaft) und Arcomet Rumänien (Betriebsgesellschaft) –, die im Bereich der Vermietung von Baukränen tätig sind.

  • Das belgische Unternehmen war für die Aushandlung von Verträgen mit Lieferanten, die zentrale Planung und Verwaltung sowie die Übernahme der wesentlichen Risiken im Zusammenhang mit den Aktivitäten der Tochtergesellschaften zuständig.
  • Das rumänische Unternehmen befasste sich mit dem Verkauf und der Vermietung von Ausrüstung auf dem lokalen Markt.

Zwischen den Gesellschaften bestand eine Vereinbarung, die die zulässige Rentabilität von Arcomet Rumänien (von –0,71 % bis 2,74 %) und die Art und Weise ihrer Ausgleichung im Falle einer Überschreitung dieses Bereichs festlegte. Wenn der Gewinn der Tochtergesellschaft höher war, stellte Arcomet Belgien ihr eine Rechnung über einen Teil des Überschusses aus. Wenn hingegen die Marge des rumänischen Unternehmens unter das festgelegte Niveau fiel, konnte Arcomet Rumänien dem belgischen Unternehmen eine Rechnung ausstellen. In den streitigen Jahren lag der Gewinn des rumänischen Unternehmens über dem festgelegten Schwellenwert, weshalb die Rechnungen vom belgischen Hauptsitz ausgestellt wurden.

Die rumänischen Steuerbehörden waren der Ansicht, dass diese Transaktionen der Mehrwertsteuer unterlagen, und stellten das Recht von Arcomet Rumänien auf Vorsteuerabzug in Frage, da ihrer Meinung nach keine ausreichenden Beweise für die tatsächliche Erbringung der Dienstleistungen durch Arcomet Belgien und deren Verwendung für steuerpflichtige Tätigkeiten vorgelegt worden seien.

Im Laufe des Verfahrens legte das nationale Gericht dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:

  1. Stellt die von der Muttergesellschaft in Rechnung gestellte Transferpreisberichtigung eine entgeltliche Dienstleistung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchstabe c der Mehrwertsteuerrichtlinie dar?
  2. Und ist die Steuerbehörde berechtigt, zusätzliche Unterlagen zu verlangen, mit denen das Vorliegen und die Inanspruchnahme solcher Dienstleistungen nachgewiesen werden?

Entscheidende Stellungnahme des EuGH

Bei der Prüfung der Rechtssache kam der Gerichtshof zu dem Schluss, dass zwischen Arcomet Belgien und Arcomet Rumänien unter den gegebenen Umständen ein Rechtsverhältnis bestand, in dessen Rahmen ein Austausch von gegenseitigen, mehrwertsteuerpflichtigen Leistungen stattfinden konnte, die der Mehrwertsteuer unterliegen. Die Muttergesellschaft erbrachte für die Tochtergesellschaft eine Reihe von Tätigkeiten kommerzieller, organisatorischer und verwaltungstechnischer Art und trug dabei das wesentliche wirtschaftliche Risiko im Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit der Gruppe. Als Gegenleistung für diese Tätigkeiten erhielt sie eine Vergütung in Form einer jährlichen Abrechnung, die – obwohl sie die Form einer Gewinnkorrektur hatte – eine Zahlung für die erbrachten Dienstleistungen darstellte.

Der Gerichtshof wies darauf hin, dass gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe c der Mehrwertsteuerrichtlinie eine entgeltliche Dienstleistung vorliegt, wenn:

  • zwischen den Parteien ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der erbrachten Leistung und der erhaltenen Vergütung besteht und
  • die Zahlung den tatsächlichen Wert der erbrachten Dienstleistungen widerspiegelt.

Nach Ansicht des EuGH waren diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt, da:

  • die Parteien durch einen Vertrag verbunden waren, der konkrete Verpflichtungen und gegenseitige Abrechnungen vorsah,
  • die von Arcomet Belgien erbrachten Dienstleistungen dem rumänischen Unternehmen messbare Vorteile (Einsparungen, operative Unterstützung, Verbesserung der Finanzergebnisse) brachten und
  • die Gewinnkorrektur selbst eng mit diesen Leistungen verbunden war und nicht mit einer neutralen Anpassung der Verrechnungspreise.

Der EuGH betonte auch, dass die variable Natur der Vergütung – abhängig von der erzielten Rentabilität – eine Entgeltlichkeit nicht ausschließt. Die Höhe der Zahlung wurde nach vorab festgelegten Kriterien festgelegt, sodass sie als Teil der vorgesehenen Vergütung und nicht als nachträgliche technische Anpassung der Rentabilität angesehen werden konnte.

Infolgedessen entschied der Gerichtshof, dass die Vergütung für konzerninterne Dienstleistungen, die auf der Grundlage einer Rentabilitätsanpassung berechnet wird, der Mehrwertsteuer unterliegen kann, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Dienstleistung und der Zahlung besteht. Eine Anpassung der Verrechnungspreise ist nicht automatisch mehrwertsteuerneutral – ihre Auswirkungen hängen von der tatsächlichen Art der Leistungen und den Bestimmungen der Verträge zwischen den Unternehmen ab.

In Bezug auf das Recht auf Steuerabzug bestätigte der Gerichtshof, dass die Rechnung allein nicht immer ein ausreichender Nachweis für die Erbringung von Dienstleistungen ist. Die Steuerbehörden können zusätzliche Unterlagen verlangen, die Folgendes bestätigen:

  • die tatsächliche Erbringung der Dienstleistungen durch den Vertragspartner und
  • die Nutzung dieser Dienstleistungen für die steuerpflichtigen Tätigkeiten des Steuerpflichtigen.

Gleichzeitig hat der EuGH festgestellt, dass eine solche Forderung verhältnismäßig sein muss und nicht zu übermäßigen formalen Anforderungen an die Steuerpflichtigen führen darf.


Was bedeutet dieses Urteil für polnische Steuerzahler?

Die Entscheidung des EuGH ist nicht nur für rumänische Steuerzahler von Bedeutung, sondern auch für in Polen tätige Kapitalgruppen. Bislang wurde in der nationalen Praxis in der Regel davon ausgegangen, dass Transferpreisberichtigungen mehrwertsteuerneutral sind, sofern sie sich nicht auf die Steuerbemessungsgrundlage für bestimmte Lieferungen von Waren oder Dienstleistungen auswirken. In solchen Fällen wurden die Abrechnungen häufig mit Buchungsbelegen und nicht mit Mehrwertsteuerrechnungen dokumentiert.

Das Urteil in der Rechtssache Arcomet zeigt jedoch, dass nicht jede Abrechnung, die als „TP-Korrektur” bezeichnet wird, als neutral angesehen werden kann. Wenn aus den Unterlagen und der Zusammenarbeit hervorgeht, dass die Zahlung zwischen den Unternehmen mit bestimmten Dienstleistungen (wie Managementunterstützung, Einkaufsverhandlungen oder zentrale Planung) verbunden ist, sollte diese Abrechnung als entgeltliche Dienstleistung behandelt werden, die der Mehrwertsteuer unterliegt.

In der Praxis bedeutet dies, dass bestehende Modelle für konzerninterne Abrechnungen neu bewertet werden müssen. Steuerzahler sollten überprüfen, ob im Rahmen der jährlichen Margenausgleiche keine für Dienstleistungen typischen Elemente enthalten sind und ob die Art und Weise der Dokumentation dieser Abrechnungen korrekt festgelegt wurde.

Das Urteil des EuGH kann auch Auswirkungen auf die bisherige Praxis der Steuerbehörden in Polen haben. Angesichts des vorliegenden Urteils ist zu erwarten, dass die Steuerbehörden häufiger prüfen werden, ob die Verrechnungspreisberichtigungen tatsächlich entgeltliche Dienstleistungen widerspiegeln, und dass sie bessere Nachweise für die tatsächliche Erbringung der Leistungen verlangen werden.


Das Urteil des EuGH vom 4. September 2025 in der Rechtssache Arcomet Towercranes SRL (C-726/23) bestätigt, dass Transferpreisberichtigungen der Mehrwertsteuer unterliegen können, wenn sie der Bezahlung für bestimmte Dienstleistungen entsprechen. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, jede Anpassung individuell zu bewerten – unter Berücksichtigung der tatsächlichen Art der Tätigkeiten, der Art der Abrechnung und der verfügbaren Nachweise für deren Erbringung.

In der Praxis lohnt es sich, die innerhalb der Gruppe geltenden Verträge und Abrechnungsregeln zu analysieren, insbesondere im Hinblick auf die Rechnungsstellung für Verwaltungs- und operative Unterstützungsleistungen. Häufige Fehler der Steuerzahler sind die Behandlung von Dienstleistungsabrechnungen als „neutrale” TP-Korrekturen, die Ausstellung von Buchungsbelegen anstelle von Mehrwertsteuerrechnungen und das Fehlen einheitlicher Nachweise – wie Berichte, Korrespondenz oder Zeitpläne – für die tatsächliche Erbringung der Leistungen.

Das Team von Steuerberatern bei getsix® unterstützt Unternehmen bei der Analyse von konzerninternen Abrechnungen im Hinblick auf Mehrwertsteuer und Verrechnungspreise und hilft ihnen dabei, die richtigen Unterlagen vorzubereiten und das Steuerrisiko zu minimieren.


Rechtsgrundlage:
Urteil des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 4. September 2025 in der Rechtssache S.C. Arcomet Towercranes S.R.L.
Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem

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Elżbieta Naron

ELŻBIETA NARON
Abteilungsleiter Kundenbetreuung
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